Lange Fahrt zu den Lofoten
Wir überqueren den nördlichen Polarkreis und es wird wirklich kalt. Wir frieren in unserer ersten Trad MSL bis uns der Abstieg ins Schwitzen bringt.

Wie man auf die Lofoten kommt

02.08.2019-03.08.2019 - Wir entschließen uns am Freitagnachmittag, noch in Richtung Lofoten zu starten. Die E6 ist voller Baustellen (laut Schildern bis 2021) und erinnert teilweise an eine schlechte Landstraße bei uns. Wir fahren, bis wir müde werden und übernachten etwas abseits der Straße auf einem Parkplatz mit einigen anderen Campern.

Am darauf folgenden Tag kalkulieren wir beim Frühstück die Fahrtdauer und die Fährkosten von unterschiedlichen Routen durch. Schließlich entschließen wir uns, die Fähre von Bodø nach Moskenes auf den Lofoten zu nehmen. Bevor wir auf die Fähre fahren, füllen wir alle Vorräte und das Wasser auf. Das Tanken gestaltet sich schwieriger als erwartet, da wir nicht sofort eine günstige Tankstelle finden.

Am Polarkreis in Norwegen

Der Polarkreis verläuft auf 66,5 Grad nördlicher Breite ca. 80 Kilometer nördlich der Stadt Mo i Rana im Nordland durch eine öde Gebirgslandschaft namens Saltfjellet. Nördlich dieser Linie geht die Sonne im Sommer nicht unter. Das Schild zu dieser imaginären Linie würde man glatt verpassen, wenn da nicht dieses riesige Touristenzentrum mit den vielen Touristen wäre. Natürlich bleiben auch wir stehen und machen ein paar Fotos, wenn wir schon einmal da sind. Der kalte Wind veranlasst uns, von einer kurzen Hose und Flip Flops auf eine lange Hose, Socken und feste Schuhe zu wechseln.

Kalter Wind und Schnee zur Begrüßung

Bei der Überfahrt weht uns ein kalter Wind um die Nase. Je näher wir den Lofoten kommen, umso besser ist Schnee auf manchen der Berge und in den Rinnen zwischen diesen zu erkennen. Nun müssen wir wohl die kurzen T-Shirts wegpacken und die langen Merino-Unterhosen hervorholen.

Standplatz: N 67.9619, E 13.1520 (Parkplatz vor Tunnel)

Zuerst frieren, dann schwitzen

04.08.2019-05.08.2019 - Natürlich zickt der Drucker, wenn man ihn braucht. Wir starten also ziemlich verspätet nach dem Lösen von Druckerproblemen und unserem Aufwärmprogramm zum Parkplatz beim Klettergebiet. Dort treffen wir zwei finnische Kletterer, welche dieselbe Tour gehen wollen. Wir beraten uns mit ihnen über die richtige Ausrüstung. Die beiden wollen mit zwei vollständigen Sätzen an Klemmgeräten und Klemmkeilen, aber mit einem Einfachseil und einer Beal Escaper Schlinge starten. Wir raten ihnen dringend vom Einfachseil ab, da der Abstieg ein oder mehrere Stellen zum Abseilen beinhalten kann. Wir scherzen darüber, dass wir im Notfall die beiden bergen und sie als Ärzte uns erstversorgen könnten. Die beiden wollen die Sache mit dem Seil noch diskutieren und sich etwas zu Essen machen. Aus diesem Grund lassen sie uns den Vortritt. Das hat Vor- und Nachteile. Einerseits ist keiner vor uns, welcher einen Stein lostreten könnte und wir müssen nicht warten. Andererseits müssen wir die Routenfindung übernehmen und sie können gemütlich hinterher klettern.

Kalter Wind statt leichte Brise

Die Sea Breeze ist eine Trad Route im norwegischen fünften Grad (N5, UK: HVS 4c, 8 SL, Top 50). Diese Mehrseillängentour (MSL) hat 8 Seillängen und ist durch die Plattenkletterei angeblich schlecht abzusichern (mit einem Herzflatter-Symbol gekennzeichnet). In der Route haben wir eine tolle Sicht auf das Meer, aber von dort kommt an diesem Tag keine leichte Meeresbrise sondern kalter Wind. Der finnische Kletterer behauptet, diese Kletterei hätte für ihn etwas Meditatives. Mir klappern die Zähne und ich fühle meine Finger beim Klettern kaum mehr. Die lange Kletterhose und die Windstopper-Jacke über dem langärmeligen Klettershirt sind eindeutig zu wenig und ich werfe sehnsüchtige Blicke auf die Daunenjacken der Finnen. Zum Glück sind wir schnell, obwohl es unsere erste Trad Tour seit mehreren Jahren ist und Sigi noch etwas länger braucht zum Setzen der Sicherungen und für die Routenfindung. Sigi steigt die Tour souverän vor und setzt beeindruckend wenige mobile Zwischensicherungen. Die Abstände zwischen den Sicherungspunkten sind oft weit über 10 Meter. Allerdings geht er bei den Ständen absolut kein Risiko ein und sichert diese mehrfach mit einer Kombination aus Klemmgeräten und Klemmkeilen ab, um einen Seilschaftsabsturz zu verhindern.

Voller Freude über unsere Trad MSL kommen wir oben an. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass die Route leicht war im Vergleich zum Abstieg. Unser Fehler ist, dass wir die erste Abstiegsvariante über eine nahe Rinne (engl. Gully) wählen, weil wir an einem Baum neues Material zum Abseilen finden. Die Rinne ist stark bewachsen. Bei fast jeder Abseillänge verfängt sich das Seil, egal wie gut wir es vorab legen. Sigi muss ein paar riskante Aktionen zur Bergung des Seils durchführen. In der Rinne ist es steil, nass und rutschig -> falsche Rinne ausgesucht!

Wir sind froh, als wir wieder bei Elmo ankommen, verstauen schnell unsere Ausrüstung und drehen die Heizung voll auf. Ein paar Kilometer weiter finden wir einen Standplatz mit einer tollen Aussicht aufs Meer. Diese genießen wir aus dem warmen Bus.

Der nächste Tag grüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Wir bleiben den Tag über auf dem Standplatz stehen und planen unseren Aufenthalt auf den Lofoten. Die Touren in der Nähe sind etwas zu schwierig oder zu schlecht bewertet für meinen Geschmack. Deshalb einigen sich Sigi und ich darauf, am kommenden Tag früh aufzustehen und nach Henningsvær weiter zu fahren.

Standplatz: N 68.0081, E 13.2624

Erkenntnisse

  • Bei vielen Tankstellen erhält man kostenlos Wasser, wenn man sich den Schlüssel beim Tankwart holt.
  • Ein kalter Wind kühlt einen relativ schnell aus, auch wenn man eine Windstopper-Jacke trägt.
  • Eine Tour ist erst nach dem Abstieg zu ende. Der Abstieg kann aus einer leichten Tour eine riskante und gefährliche machen.
Verfasst von Barbara