Während den Ausgangsbeschränkungen
17.03.2020-22.04.2020 - Die ersten Wochen der Ausgangsbeschränkungen verbringen wir in Nebelberg. Ich gehe zwar täglich spazieren und absolviere meine Physiotherapieübungen, aber die anstrengende körperliche Betätigung geht mir ab. Barbara hält sich mit Laufen und Tabatatraining fit. Die Wäschestange muss für Klimmzugübungen herhalten. Viele Büroarbeiten, die in den letzten Wochen, Monaten und Jahren liegen geblieben sind, werden abgearbeitet. Auch das vorhandene Material zum Klettern, Bergsteigen, Kitesurfen usw. wird gesichtet und sortiert.
Mitte April mache ich mich auf den Weg nach Fuschl am See. Die Verletzungspause und das anschließende Stillsitzen in Nebelberg haben mich viel Kraft und Ausdauer gekostet. Nun ist es an der Zeit diesem Schwund entgegenzuwirken. Die erste Tätigkeit ist der Bau eines Campusboards und das Einrichten eines kleinen Trainingsplatzes.
Nach einer Verletzungspause mit dem Training am Campusboard zu beginnen ist aufgrund der Fingerbelastung nicht ratsam. Normalerweise trainiere ich mindestens sechs Wochen Kraftausdauer in der Kletterhalle, bevor ich mit dem Maximalkrafttraining am Campusboard beginne. Leider ist dies derzeit nicht möglich. Ich beschließe daher, mich zumindest auf das Hypertrophietraining zu beschränken. Schon vor der ersten Trainingseinheit weiß ich, dass diese mit einer Ernüchterung enden wird. Es fehlt an Kraftausdauer. Nur langsam kann ich das Trainingspensum steigern, aber es geht zumindest aufwärts.
Alleine, aber mit Seil
23.04.2020-23.05.2020 - Eine Klettertechnik, die ich bereits seit Längerem erlernen möchte, ist das Vorstiegsklettern in Alleingang mit Seil. Diese Technik ist nicht trivial und man sollte genau wissen auf was man sich einlässt. Ein dafür geeignetes Sicherungsgerät ist derzeit nicht erhältlich. Deshalb verwenden die Kletterer meistens ein halbautomatisches Sicherungsgerät als Basis und bauen dieses entsprechend um. Mithilfe einer Anleitung mache ich mich ans Werk und modifiziere mein Sicherungsgerät. Ich beschränke die Modifikationen auf ein Minimum, weil ich die Konstruktion nicht schwächen möchte.
Meine erste Rope-Solo-Vorstiegstour führt mich an meinen Hauskletterberg, den Plomberg. Ich wähle die Tour Flipperl (V+, 5 SL), die ich bereits in- und auswendig kenne. Das Rope-Solo-Klettern fordert beim Umbauen am Stand volle Aufmerksamkeit, weil man nicht im Seil eingebunden ist. Ein Fehler hätte fatale Folgen. Des Weiteren muss jede Seillänge zweimal überwunden werden, um das Material wieder einzusammeln. Das kostet Zeit und Kraft. Um die Technik zu verbessern, klettere ich in den folgenden Wochen noch die Touren Juniperus (V-, 5 SL) und Filou (VI+, 8 SL) am Plomberg und die Tour Schober-Südgrat (VII oder V-/A0, 7 SL) am Frauenkopf.
Die Via Hilti
27.05.2020 - Nun ist die Zeit reif für ein anspruchsvolleres Projekt. Bereits 2015 kletterte ich mit einem Freund die Techno-Tour Via Hilti (5c/A2, 5 SL) an der Ewigen Wand. Damals war es gemütlicher Ausflug an einem regnerischen Tag, aber zu dieser Zeit war ich auch in Höchstform. Dieses Mal fühlt es sich anders an. Zum einen bin ich alleine in der Wand. Ich habe verhältnismäßig viel Material am Gurt und muss am Stand beim Umbauen genau darauf achten, welche Karabiner ich ein- und aushänge. Da die Tour zum Teil stark überhängt, darf ich beim Abseilen keinen Fehler machen, weil ich ansonsten frei hängen und nicht mehr zur Wand kommen würde. Zum anderen muss jede Seillänge ein zweites Mal geklettert oder gejümart werden. Das Dach klettere ich drei Mal (Vorstieg, Abklettern, Cleanen), weil ich das Hinauspendeln vermeiden möchte. Eine solche Tour im Alleingang zu bewältigen, ist sowohl physisch als auch mental wesentlich fordernder. Den Radler zum Abendessen habe ich mir an diesem Tag wirklich verdient.
Erkenntnisse
- Die erste Trainingseinheit nach einer langen Pause endet meist mit einer Ernüchterung.
- Das Rope-Solo-Vorstiegsklettern ist nicht trivial und erfordert viel Übung.